Huang Yong Ping baut einen Schlangenkäfig für Tatort Paderborn
Gefangen im oder vom eigenen Körper? Verwirrend in der formalen Reduzierung, gleichzeitig eindrucksvoll und ein wenig bedrohlich, so wirkt schon das Modell für den Schlangenkäfig des Künstlers Huang Yong Ping. Und das Original? Auf einer Grundfläche von 11 mal 11 Metern wird die sechs Meter hohe Skulptur – mit dem Titel „Cage“ – unübersehbar die Wiesenlandschaft des Paderquellgebiets dominieren, das an die Paderborner Fußgängerzone angrenzt.
Eine seltsame Szenerie. Dort in der Natur, am Wasser wird die Schlange – die in ihrer Größe und Form an einen Dinosaurier erinnert – zur rätselhaften Figur, wie aus einem geheimnisvollen Mythos.
Es war die 1861 errichtete Mariensäule auf dem Marienplatz – heute mitten in der Fußgängerzone gelegen – die Huang Yong Ping zu dieser Arbeit inspiriert hat. Die etwa 12 Meter hohe Säule trägt eine betende Marienfigur. Ihr Fuß steht auf einem schlangenähnlichen Tier, so als wolle sie es bezwingen.
In der christlichen Religion ist die Schlange eine Metapher für die Verführung Evas und den Sündenfall im Paradies. Sie ist ein Sinnbild für die moralische Schwäche des Menschen und seine Verführbarkeit. Und auch in der asiatischen Mythologie steht die Schlange für Verführung, Sünde und vor allem für Verschwendung. Huang Yong Ping verknüpft die symbolische und historische Bedeutung der Mariensäule mit sinnfälligen Assoziationen zur Shopping-Meile, als Ort des Konsums und der Verschwendung. Eine direkte, räumliche „Gegenüberstellung“ kam allerdings nicht infrage, zu wenig Platz für ein so mächtiges Wesen …
Vom Land der Mitte in die Mitte von Paderborn: Die Schlange reist in Einzelteilen per Container. Zurzeit wird „Cage“ in Huang Yong Pings Heimatland China gebaut..
Huang Yong Ping stellt in seinem Werk oft Verbindungen und Dialoge zwischen westlichen und östlichen, europäischen und asiatischen Religionen, Kulturen und Philosophien her. In den 1980er Jahren spielte er eine wichtige Rolle in der chinesischen Oppositionsbewegung: Huangs intensive Beschäftigung mit Marcel Duchamp, Joseph Beuys und John Cage führt 1986 zur Gründung der Künstlergruppe Xiamen Dada mit einer radialen, avantgardistisch-dadaistischen Zielsetzung. Die Künstler verbrannten unter anderem in öffentlichen Demonstrationen ihre eigenen Kunstwerke. Eine Ausstellungsbeteiligung 1989 in Paris und die Ereignisse auf Pekings Platz des Himmlischen Friedens im Juni des Jahres nahm Huang Yong Ping zum Anlass, nach Frankreich zu emigrieren, wo er seitdem lebt und arbeitet.
Beitragsbild: Modell: „Cage“ von Huang Yong Ping
Alle Fotos: © Atelier Huang Yong Ping