Paderborn. Wer vom Bahnhof kommt und in die Fußgängerzone will, muss an ihm vorbei – dem Rikus-Brunnen.
Kantig, mächtig und unübersehbar markiert die Arbeit am Paderborner Westerntor, die der Bildhauer Josef Rikus
1977 schuf, den Eingang zur Einkaufsmeile.
„Auch wenn die Paderborner sich hier wohl nicht ganz einig sind. Ich finde den Brunnen eine sehr gelungene
Arbeit“, sagt der Münchner Künstler Benjamin Bergmann, der die übereinandergeschichteten Betonplatten des
Brunnens beim Kunstprojekt „Tatort Paderborn – Phänomen Fußgängerzone“ mit einer Wäschespinne „besetzen“
wird. Doch Hosen, Hemden oder Handtücher werden hier nicht trocknen, denn eine Wasserfontäne sorgt
dafür, dass die Wäsche immer wieder aufs Neue nass wird. So konterkariert sie die eigentliche Aufgabe der Wäschespinne.
Sisyphos-Arbeit? „Als Künstler schaffe ich Bilder, die etwas erzählen und Fragen stellen. Es sind für
mich auch Fragestellungen um Antworten zu finden“, erklärt Bergmann. „Das hier ist ein radikaler Dialog mit
einem bestehenden, älteren Kunstwerk, das ich erweitere und dem ich temporär eine neue Gestalt gebe. Die
Wäschespinne wird zur Irritation für den Betrachter, sie ist aus dem üblichen Kontext gerissen, steht am vermeintlich
falschen Ort und damit wirft sie Fragen auf.“ Die Wäschespinne von Benjamin Bergmann besetzt einen
öffentlichen Ort mit einem häuslichen, privaten Bild und lässt so die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit
verschmelzen.
Der Künstler:
Benjamin Bergmanns Arbeiten sind im öffentlichen Raum und lassen sich oft auf die konkreten Orte ein. Das
Absurde, Irritationen, Fehler, Auslenkungen aus der Wirklichkeit sind Werkzeuge, mit denen er seine raumgreifenden
Installationen und Skulpturen bearbeitet. Dabei können die Werke in ihrer sichtbaren Funktionalität und
mit deutlichen Gebrauchsspuren oftmals selbst als Werkzeuge erkannt werden. In Form einer physisch erfahrbaren
Gegenüberstellung von Werk und Betrachter provoziert der Künstler einen Dialog.
Benjamin Bergmann (*1968) machte eine Ausbildung als Holzbildbauer und studierte anschließend an der Münchener
Akademie der Bildenden Künste. Er gehörte der Performancegruppe „GMAM“ und der Musik/
Performancegruppe „Club le Bomb“ an. Bergmann erhielt bereits den Bayerischen Staatsförderpreis, 2011
wurde er mit dem Preis der VHV-Hannover als Künstler des Jahres ausgezeichnet und im Jahr 2012 wurde ihm
der Kunstpreis der Stadt Nordhorn verliehen. Er lebt und arbeitet in München.