Ein Gartengespräch am Tatort Paderborn 2014


Grün, bunt und üppig, statt grau und kahl: Beim Kunstprojekt TATORT PADERBORN „erblühte“ der Platz vor der Paderborner Marktkirche. Sonst nur als Durchgang zur Kirche genutzt, haben Ooze Architects mitten in der Innenstadt einen Ort zum Treffen, Verweilen, in Ruhe genießen und Plaudern geschaffen – den Hortus Oblitus. Hier wachsen rund 100 verschiedene Heil- und Nutzpflanzen (siehe auch Blogbeitrag vom 16. Juni). Und das Projekt der Rotterdamer Künstler/innen wirkt ansteckend, unterdessen wollen viele Paderborner die Idee des Urban Gardening aufgreifen. Grund genug für uns, einmal mit Stefanie Strauß zu sprechen, die den Paderborner Hochbeet-Garten betreut.

Wie kam es dazu, dass Sie an diesem Kunstwerk mitarbeiten? Und was ist Ihre Aufgabe?
Ich bin Gästeführerin im Ruhgebiet und beschäftige mich seit vielen Jahren mit Pflanzen, insbesondere mit Kräutern. Bei der EMSCHERKUNST 2010 habe ich bereits mit Ooze Architects zusammen gearbeitet. Jetzt bin ich sozusagen als Managerin für den Garten zuständig. Ich habe das Saatgut beschafft, die Anzucht in Auftrag gegeben,  organisiert, dass die Pflanzen hierher gebracht wurden und war auch beim Einsetzen dabei. Ich komme einmal pro Woche und kümmere mich um die Beete.

Nach welchen Kriterien wurden die Pflanzen ausgesucht?
Ich habe Listen erstellt und die mit den Künstlern besprochen. Dann fiel hier und da nochmal jemandem etwas Neues ein. So haben wir gemeinsam die Auswahl zusammengestellt. In den Listen gab es auch die Rubrik Giftpflanzen, die natürlich dazu gehören, wenn man sich mit Pflanzen und ihrer Wirkung beschäftigt. Aber solche konnten wir natürlich nicht setzen. Und für mich sind vor allem vergessene Kräuter sehr wichtig, oder solche, deren Wirkung bzw. Nutzen in Vergessenheit geraten ist.

Woher kennen Sie die Wirkung der Pflanzen?
Es gibt ja jede Menge alter Pflanzenbücher, und da ich mich schon lange mit dem Thema beschäftige, kenne ich mich ganz gut aus. Manches weiß ich auch aus eigener Erfahrung, weil ich die Pflanzen aus meinem eigenen Garten auch für mich selbst nutze. Vieles habe ich aber auch extra für dieses Projekt genauer recherchiert.

Haben Sie besondere Lieblinge in diesen Kisten?
Oja, die Artischocke beispielsweise. Die ist eher im Mittelmeerraum beheimatet. Es ist doch beeindruckend, wie gut sie hier gedeiht! Oder der Amaranth: Der wächst eigentlich in Südamerika. Wenn man die langen roten Blüten zerreibt, kommen die kleinen Früchte hervor, die man auch als Lebensmittel kennt. Und das Basilikum in seiner Sortenvielfalt natürlich, einfach weil ich es so gerne mag. Im Küchengarten schneidet man es meist vor der Blüte  zurück, damit es nochmal gut ins Kraut geht. Hier haben wir das nicht gemacht, und so sieht man die schönen Blüten. Überhaupt war es ja Teil der Idee, dass alles wachsen und sich entfalten kann. Dieser Ort soll kein „geleckter“ Garten sein, aber natürlich greife ich auch ein wenig ein. Nach Libori mussten wir etwas aufräumen, aber das ist eben so im öffentlichen Raum.

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Ist alles gut geraten? Oder sind auch Verluste zu beklagen?
Die Kamille ist leider eingegangen, und auch die Petersilie kam nicht richtig. Ich habe mit der Gärtnerin vom Werkhof in Dortmund, die die Pflanzen für uns vorgezogen hat, gesprochen, und sie meint, dass es in diesem Jahr dafür einfach zu feucht und warm war. Mehltau ist dann ein Thema. Der Borretsch etwa, der war dadurch komplett weiß.

Sind Sie dennoch mit dem Ergebnis zufrieden? Ist das hier ein Platz, an dem Sie gerne sind?
Auf jeden Fall. Ich bin jedes Mal ganz überwältigt von der Pracht. Wenn ich Pflanzen so gedeihen sehe, empfinde ich immer eine gewisse Demut. Zwar stoße ich etwas an und schaffe eine möglichst gute Grundlage, aber wenn ich das Ergebnis sehe, merke ich genau, dass die Natur die eigentliche Leistung erbringt.

Wie wurde hier die Basis für das Gedeihen der Pflanzen geschaffen?
Besonders gute Erfahrungen habe ich mit einer Kombination aus guter Erde und gutem Saatgut, der richtigen Anbauweise, dem perfekten Zeitpunkt und natürlich Liebe zum Gärtnern. Bei der Erde probiere ich noch aus. Das konnten wir hier noch nicht berücksichtigen. Das Saatgut stammt von Demeter, also aus biologische-dynamischem Anbau, es wurde auch entsprechend vorgezogen. Beim Pflanzen haben wir uns am anthroposophischen Pflanzkalender orientiert. Außerdem bin ich überzeugt, dass, wer Pflanzen liebt, auch schöne Pflanzen bekommt.

Wie stehen Sie generell zu der Idee des Urban Gardening, bei der – verkürzt gesagt – Nutzpflanzen im öffentlichen Raum angebaut werden?
Das finde ich toll. Es ist immer eine Bereicherung. Meiner Erfahrung nach, kann man über Garten und Natur immer kommunizieren. Da gibt es keine Grenzen und weniger Berührungsängste. Bei meinen Besuchen hier komme ich immer mit jemandem ins Gespräch. Die Leute erzählen von ihrem eigenen Garten oder von Erinnerungen an Pflanzen. Einmal kam eine Frau vom Markt mit ihren frisch erworbenen Bohnen und bat mich um ein bisschen Bohnenkraut, weil sie das nicht bekommen hatte. Da kamen wir ins Fachsimpeln über Bohnenkraut und mehr.

Was passiert mit den Pflanzen, wenn die Ausstellung am 7. September endet?
Man muss sich damit abfinden, dass bei so einem temporären Projekt, eben alles  endlich ist. Aber hier gibt es auch ein Weiterleben: Einige Kisten, die zu Libori weichen mussten, sind ja bereits an der Stadtbibliothek untergebracht worden und sehen dort toll aus. Die mehrjährigen Pflanzen wollen wir nach derzeitiger Planung an Interessierte weitergeben. Es haben sich schon viele gemeldet, die sie in Obhut nehmen möchte. Es sind Urban-Gardening-Initiativen dabei, aber auch Kindergärten u.ä. Die einjährigen Pflanzen werden wir am letzten Tag ernten und verschenken.

Das Gespräch führte Heike Haase.

 

 

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4 Antworten zu “Ein Gartengespräch am Tatort Paderborn 2014”

  1. Eine wunderschöne Idee, die toll umgesetzt wurde. Ich war persönlich da und habe es mir angesehen, es lohnt sich!!!!!
    Tolles Foto: Steffi strahlt mit den Pflanzen um die Wette 🙂

  2. .
    Lüther Eduard
    eduard-luether@arcor.de

    …es gab da eine gelbe Blume, die ich in keinem Pflanzenbestimmungbuch gefunden habe. Sie hatte eine 2 cm dicke dunkelgelbe Mitte und rundherum ca 1 cm dichte gelbe Blütenblätter und stand am Eingang links. Sie sah aus wie eine kleine Margarite.

    Es kann keine Kamille, Arnika oder Jacobskreuzkraut sein, ggf. würde Hundskamille in Betracht kommen.

    Können Sie mir weiterhelfen?

    MfG

    Eduard Lüther

      • Frau Strauß wusste Bescheid: „Es ist die Färberkamille, einjährig, die Blüten wurden früher zum Färben von Wolle, Seide, Leinen benutzt, ergibt einen gelben bis ocker Farbton.“